der röntgen BLICK #6

Bauch oder Kopf?

Warum SMARTE Ziele nicht helfen

 

In meiner ersten beruflichen Station, der strategischen Unternehmensberatung, habe ich von der Pieke auf gutes Projektmanagement gelernt. Unter anderem auch, wie man Ziele formuliert, um anzukommen. SMART sollten sie sein, wobei ich gestehe, dass ich immer schon ins Stocken kam, wenn ich die hinter den einzelnen Großbuchstaben verborgenen Begriffe aufzählen sollte. Die da sind specific (spezifisch), measurable (messbar), achievable (ausführbar), realistic (realistisch) und time-bound (terminiert). In vielen Situationen hat mich dieser Ansatz auch weitergebracht. Aber komplexere Ziele, die viel mit meiner inneren Einstellung zusammenhingen, konnte ich mit dieser Methode nicht erreichen. Zum Beispiel mein persönliches Dauer-Ziel „mehr Sport treiben“.

Ein Freund und Fitnesstrainer von mir sagte einst: „Ina, ich verstehe dich nicht, du bist so ambitioniert und willensstark im Job, wieso klappt das mit dem Sport nicht?“ Heute kenne ich die Antwort auf diese Frage: weil mein Bauch und mein Kopf sich uneins sind. Mein Kopf sagte: „Du musst mehr Sport machen“. Mein Bauch sagte: „Ich habe keinen Bock. Ich möchte lieber faul sein. Ich kann das nicht, für‘s Joggen fehlt mir immer die Luft. Die anderen sind schneller, besser… .“. Mein Bauch verriet mir über diese Botschaften letztlich, dass ich eigentlich ein Bedürfnis nach Ruhe hatte und dass die Angst, nicht eine der Besten zu sein oder an meinen eigenen Ambitionen zu scheitern, groß war. Ich sah diese Hintergründe damals nicht, merkte nur, dass der ominöse „innere Schweinehund“ zu laut bellte.

Heute weiß ich, dass solche Botschaften aus dem Unterbewussten kommen und sich ganz vage, zaghaft an die Oberfläche, also mein bewusstes Wahrnehmen, vorkämpfen. Anders gesagt, der Bauch versucht, mit dem Kopf zu sprechen. Wie aber kann ich diese durchaus wichtige Unterhaltung fördern? Wie kann ich die unbewussten Bedürfnisse integrieren, damit sie nicht zwischen mir und meinen Zielen stehen? Mich zurückhalten wie ein Anker, der mein Schiff nicht lossegeln lassen möchte?

Achte auf deine Körpersignale

Das Unbewusste drückt sich häufig in diffusen Gefühlen aus, die sich körperlich bemerkbar machen. Beispielsweise erröten wir vor Scham, obwohl der Verstand das in dem Moment ausdrücklich untersagt. Wir bekommen „weiche Knie“ bei Angst, ein „seltsames Gefühl im Magen“, wenn uns etwas nicht geheuer ist. Unser “Herz macht einen Sprung“ vor Freude und es „kribbelt im Magen”, wenn wir Feuer und Flamme sind. Diese Köpersignale nennt man somatische Marker und wir tun gut daran, auf sie zu hören. Denn hierüber drücken sich die in unserem Körper gespeicherte Erfahrungen bzgl. bestimmter Situation aus. Auf sie greifen wir automatisch mit zu, um Entscheidungen zu treffen oder unser Verhalten zu steuern. So nehmen wir zum Beispiel des Nachts einen anderen Weg als den kürzesten, weil der uns aus einem nicht rational erklärbaren Grund nicht Geheuer ist.

Während unser Verstand in richtig oder falsch unterteilt, hat unser sogenanntes somatisch-emotionales Erfahrungsgedächtnis die Bewertungskriterien mag ich und mag ich nicht. Der Verstand ist außerdem deutlich langsamer in seinem Arbeitstempo, weshalb wir gern vom 1. Gefühl sprechen, auf das man im Nachhinein oft gerne gehört hätten. Machen wir uns also unsere somatischen Marker und Emotionen zu Nutze – mit ein wenig Achtsamkeit spürt sie jeder.

 

Lass dir Ideen schenken – wenn du sie magst!

Um unbewusste Bedürfnisse über die somatischen Marker herauszufinden, bedarf es häufig des Inputs von außen. Freunde und Familie können diese Inputgeber sein. Wenn du mit ihnen über deine Herausforderung oder dein nicht erreichtes Ziel sprichst, haben sie in der Regel viele Anregungen. Sie bieten Lösungsoptionen aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz. Nutze sie als deine Sparringspartner. Nicht alles, was sie anbieten werden, wird für dich das Richtige sein, aber bei dem ein oder anderen Stichwort wirst du aufhorchen, dein Inneres wird sagen „ja, genau so“ oder „ja, so ähnlich, das bringt mich auf eine für mich passende Idee“. Vielleicht klopft dein Herz dann etwas schneller, vielleicht leuchten deine Augen plötzlich. Wichtig ist, dass du deine Gesprächspartner nur als Ideengeber nutzt und dich nicht darin verstrickst mit ihnen zu diskutieren, ob ihre Lösung exakt so die Beste ist. Fisch dir raus, was sich gut anfühlt.

Kam mir zum Beispiel jemand mit der Idee, das Joggen anzufangen, um meinem Ziel, mehr Sport zu treiben, näher zu kommen, zog es mir den Magen förmlich zusammen. Ein spontanes „oh nö“ folgte dann meistens. Aber die Idee, statt mit dem Auto mit dem Rad zu meinen Geschäftsräumen auf Gut Schillingsrott zu radeln, fand Anklang. Und heute genieße ich diese Tour am und über den Rhein. Es ist ein gemütliches Radeln, nur die Auffahrt zur Rheinbrücke treibt den Puls kurzfristig in die Höhe. Und dennoch freuen sich Bauch und Kopf gemeinsam über dieses Mehr an Bewegung.

 

Formuliere ein Ziel, das all deinen Bedürfnissen gerecht wird

Hast du herausgefunden, worauf du „anspringst“, bringe dies in die Formulierung deines Ziels ein. Achte dabei darauf, dass du die Latte nicht zu hochlegst. Nimm dir lieber unkonkret vor, öfter mit dem Rad zu fahren, als hart von dir zu verlangen, künftig 3x die Woche das Rad zu nutzen. Ergänze bei der Zielformulierung „bei gutem Wetter“, wenn du im Nassen nicht radeln magst. Kurz gesagt, formuliere einen Satz, bei dem dein Inneres nicht motzt.

 

Die 3 beschriebenen Hilfen, den Anker zu lösen, der dein Schiff nicht zum Ziel segeln lässt, sind ein Teil der Grundelemente des Zürcher Ressourcen Modells®. Mit ZRM® bringst du Kopf und Bauch in Einklang. Ich selbst bin durch ZRM® sehr gestärkt in meine neue Rolle als Selbständige gestartet. Bedürfnisse sind zum Vorschein gekommen, derer ich mir nicht bewusst war. Wie lange muss ich sie schon verdrängt haben… Es befreit, sie zu entdecken. Und mit meinem (Motto)Ziel „Die exotischen Früchte der Ferne genießen“ konnte ich genau ausdrücken, was ich für den Start brauchte. Der Satz klingt seltsam und ein Außenstehender würde ihn sicherlich falsch interpretieren, aber für mich war er genau richtig und stimmig. Er hallt noch heute in mir nach und gibt mir Motivation auf meinem Weg.

Wenn du auch eine Herausforderung hast, einen großen Wunsch, ein immer wieder nicht erreichtes Ziel, dann schau einmal bei www.ina-roentgen.de/zrm-wochenende, ob mein Seminar nicht etwas für dich ist. Das nächste findet am 13./14. Oktober 2018 in Köln statt.

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© Ina Konrad-Röntgen I training.coaching.beratung.

Ina Konrad-Röntgen ist Consultant und Coach in Köln. Auf dem historischen Gut Schillingsrott bietet sie Privatpersonen Coachings und Workshops zur Persönlichkeits- und Karriereentwicklung an. Als ehemalige Führungskraft der Deutschen Telekom und Unternehmensberaterin bei Roland Berger designt & moderiert sie erfolgreich kundenindividuelle Team-Workshops und coacht Executives, die Veränderungsprozesse leiten oder selbst durchlaufen.