röntgenBLICK #31

PLATZVERWEIS FÜR PLATZHIRSCHE?

Eine fast wahre Geschichte

 

Da steht er, der Platzhirsch. Auf der Lichtung. Prächtig sein Ausdruck, stolz trägt er sein Geweih. Die Hirsche um ihn herum wissen, dass auch sie etwas Besonderes sind, das sieht man allein ihrer Haltung an. Sie scheinen eine eigene Sprache zu sprechen. Bestimmt und direkt, nicht gerade zimperlich.

Kameraschwenk. Da hinten, tiefer im Wald, stehen die Hirschkühe. Wenn man genau hinsieht, rollen sie mit den Augen ob des Gehabes der Hirsche. Und im sicheren Schatten der Bäume kichern sie sich auch schon mal ins Fäustchen.

Nur eine von ihnen nimmt die Prahlerei auf der Lichtung weniger gelassen. Else ist nicht die älteste, aber doch eine der weisesten Kühe der Gruppe. Sie ist wütend. Das Gehabe passt in ihren Augen nicht mehr in die Zeit. Und sie weiß nicht mehr, wie sie die Jungen, insbesondere die männlichen „jungen Wilden“, davon abbringen soll, dies zu akzeptieren und dieser Kultur nachzueifern.

Else, ruft mich an und wir verabreden uns für den nächsten Tag am Waldesrand. Dort gibt es einen netten Rastplatz, der geschützt hinter einem Hügel liegt.

Am nächsten Morgen erwartet mich Else schon ungeduldig grasend, obwohl ich wie immer 10 Minuten zu früh komme. Das Gesicht der Hirschkuh ist sorgenvoll und nachdenklich. Es bricht sofort aus ihr heraus: „So kann es doch nicht weitergehen, Ina. Wer am lautesten röhrt und das prächtigste Geweih hat, dominiert uns alle. Wir Kühe haben dadurch gar nichts zu melden und werden sogar belächelt, weil wir uns weder um Geweihlängen noch um laute Diskussionen scheren. Wir sind ihnen zu weich für Rangeleien und sie verwechseln unsere Klugheit, es harmonischer und empathischer anzugehen, mit Schüchternheit und Unsicherheit.“

Und so begann am Waldesrand hinter dem Hügel die Geschichte von BE BOLD.

Else und ich trafen uns noch häufig dort am Rastplatz und beratschlagten, was wir für die Hirschkühe tun konnten, um sie zu stärken und die Kultur des Zusammenlebens des Rudels sukzessive zu verändern. Unser Ziel war es, beide Seiten – Platzhirsche und ihr Gefolge einerseits und die Hirschkühe andererseits – aufeinander zuzubewegen. Eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Verständnis zu erlangen. Nicht ein einseitiges Anpassen der Hirschkühe an eine männerdominierte Welt.

Mit dieser verbindenden Einstellung wurde BE BOLD geboren als ein Programm, das für Hirschkühe ist, aber auch für mutige Platzhirsche (in spe). Denn auch sie, wenn sie es denn mal zugaben, waren schon mal unsicher und schüchtern. Selbst der Platzhirsch sorgte sich fast rund um die Uhr um seinen vorherrschenden Platz in der Gruppe.

Es waren aber vor allem die jungen männlichen Tiere, die die Ohren bis zu den Geweihspitzen spitzten und aus der Lichtung hervor zu den Kühen traten, wenn die BE BOLD Workshops mit Else und mir stattfanden. Auch sie hatten keine Lust mehr auf unnötiges Gehabe und Kämpfe. Sie wollten ihre Energie lieber in anderes stecken.

Ein ganz keckes Kalb – so munkelte man im Wald – schlug eines Tages dem alten Platzhirschen vor, doch mal ein Treffen mit mir zu vereinbaren. Es war der Meinung, es brauche BE KIND Workshops für die Hirsche, die Empathie und den Umgang mit Macht zum Thema haben sollten. Der Platzhirsch schaute nur verdutzt und es kam der Winter und es passierte nichts.

Mit den ersten Sonnenstrahlen des Frühjahrs aber kam er, der Anruf vom Platzhirschen. Er wolle mit mir reden. Er würde älter und wolle sein Rudel noch auf die „neuen Zeiten“ vorbereiten. Es brauche ein Umdenken bei den Alten. Ob ich da nicht Ideen hätte.

Hatte ich und mit ihm an einem Strang zu ziehen – wie seinerzeit mit Else – war einfach wunderbar. Denn eines ist klar: es braucht kein Gegeneinander, sondern ein Miteinandner bei der Gestaltung der Zukunft.

Und so geschah es, dass fortan BE BOLD und BE KIND Workshops mit gemischten Klassen stattfanden. Denn auch die ein oder andere Hirschkuh hatte ein wenig zu viel Fell auf den Zähnen.

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BE BOLD ist ein Vortrags- und 1,5-tägiges Workshopformat, das 3 Schwerpunkte umfasst:

  • Machtvoll kommunizieren ohne anzuecken
  • Emotional gelassen bleiben
  • Working out Loud – Präsenz ausbauen

BE KIND gibt es de facto nicht – findet sich aber in all meinen Programmen, Workshops und 1:1 Coachings als Haltung wieder.

#umgangmitplatzhirschen #selbstsicherheit # präsenz #bekind #bebold

Für weitere Inspirationen & Informationen: die röntgenBLICKE im Überblick > HIER

(c) Ina Konrad-Röntgen ist Beraterin & Coach für Teamführung und Karriere. Mit SPARRING für LEADERS ist sie auf dem historischen Gut Schillingsrott in Köln ansässig.

Als ehemalige Führungskraft der Deutschen Telekom und Strategieberaterin bei Roland Berger designt & moderiert sie erfolgreich Team-Workshops & Leadership Programme und coacht Executives, die Veränderungsprozesse leiten oder selbst durchlaufen.