röntgenBLICK #27

Liebe (Ex)Beraterinnen

 

… jetzt mal Hand auf’s Herz. Seid Ihr auch ambitionierte Karrierefrauen? Verdient gut, seid wirklich intelligent und beim Kunden wohl akzeptiert? Beim Gender-Thema habt ihr eher das Gefühl „hab ich nicht nötig“ als dass es sich limitierend anfühlt?

Welcome to my world. Genau so war das auch bei mir. Es hieß up statt out. Ich hatte schon an der Uni einen Männeranteil von 85% bestens verkraftet. Ich war glücklich. Na gut, ich arbeitete ganz schön viel. Aber das störte mich nicht. Der Beraterjob gab mir Kraft und war mein Lebensinhalt. Damals mit Mitte bis Ende 20.

Heute blicke ich zurück. Immer noch war es die richtige Wahl, keine Sorge. Aber: ich hätte mir damals etwas gewünscht in dieser männlichen Beraterwelt. Etwas, das auch andere rückblickend vermissen, die wie ich sehr lange und noch viel länger in der Beratung waren. Und das ist eine Anregung oder Anleitung, mich vom „fleißigen Lieschen“ zum versierten Leader zu entwickeln.

Zuverlässig, loyal, gewissenhaft. Attribute, die man mir lange zuschrieb. Keine schlechten, keine Frage. Aber eben klassisch für das „fleißige Lieschen“. Fleiß hatte mich weit gebracht – schon in der Schule. Und da ich dankenswerter Weise eine gute Kommunikatorin bin und ein sonniges Gemüt habe, war vermutlich auch keiner auf die Idee gekommen, dass ich eben jenes Lieschen bin.

Aber ich war es. Ich war es sogar gerne. Ich war auch später gerne die rechte Hand meines Chefs. Ich stand nicht hinter den Kulissen, sondern mit auf der Bühne. Das war mir wichtig. Aber eben nicht in der 1. Reihe.

Und genau das beschrieb auch eine ehemalige Kollegin, die lieber das (sehr wichtige!) Projektmodul mit interner Analysetätigkeit übernahm als das mit viel Kundenkommunikation. Denn der Kunde galt als harsch und keiner hatte ihr gezeigt, wie man (bzw. frau) sich da durchsetzt. Beziehungsweise ohne Angst durchmanövriert.

Warum? Weil Männer diese Angst so nicht empfinden – in der Regel. Sie ticken anders. Sie lieben Wettbewerb, lautes Poltern löst kein mulmiges Gefühl aus. Es ist wie ein Foul im Fußball, gehört dazu. Netzwerken, Harmonie, gutes Klima… das ist dagegen uns Frauen wichtig und deshalb sind wir unvorbereiteter und machen gerne Platz, wenn Getöse und Tamtam drohen.

Und was lehrt mich das heute? Beziehungsweise was lehre ich dementsprechend heute? Nein, nicht, dass eine Frau werden soll wie ein Mann in der Berufswelt. Auf keinen Fall. Aber wir sollten die Unterschiede (positive wie erschwerende) kennen und uns auf dieser Basis persönlich weiterentwickeln.

Deshalb liebe Beraterinnen von heute: Geht nicht nur in Frauennetzwerke, um euch über den Pay Gap, die Vereinbarkeit von Familie & Beruf oder Gender Biases zu unterhalten. Arbeitet auch an euch selber, stellt euch euren (unbewussten) Ängsten und Bremsklötzen. Am besten angeleitet von einem Profi. Ihr wisst ja, ich stelle gerne Reflexionsfragen, um das zu ermöglichen. Wie zum Beispiel:

  • Vor welcher Kritik fürchtest du dich am meisten?
  • Wie reagierst du typischer Weise in Konflikten und wie würdest du stattdessen gerne reagieren?
  • Wieviel Raum nimmst du in Meetings oder auf einem Projekt ein und wie könntest du ihn vergrößern?
  • Wie zeigst du Grenzen auf?
  • Wem oder was ordnest du dich (unbewusst) unter?
  • Wie wird aus einem „fleißigen Lieschen“ eine Lisa?

Und abschließend meine Frage an die Beraterinnen von damals:

Welche hilfreichen Fragen würdet ihr den Jüngeren noch stellen oder habt ihr euch selbst (rückblickend) gestellt?

 

#selfleadership #selfmarketing #persönlichkeitsentwicklung #femaleleaders

Für weitere Inspirationen & Informationen: die röntgenBLICKE im Überblick > HIER

(c) Ina Konrad-Röntgen ist Beraterin & Coach für (Team)Führung und Karriere. Mit SPARRING für LEADERS ist sie auf dem historischen Gut Schillingsrott in Köln ansässig.

Als ehemalige Führungskraft der Deutschen Telekom und Strategieberaterin bei Roland Berger designt & moderiert sie erfolgreich Team-Workshops und Leadership Trainings und coacht Executives, die Veränderungsprozesse leiten oder selbst durchlaufen.